14 Objekte aus Pfeifen und Pfeifenteilen, Texte
Wer hat heute noch Angst vor dem „Bösen Blick“? Wovor soll ein aus der Mode gekommener Zauber schützen in einer Welt, in der die Magie zum Hirngespinst verkommen ist? Die hier
vorgestellten Amulette übernehmen ungewöhnliche Aufgaben. Ganz ihren Vorgängern verpflichtet, beziehen auch sie ihre magische Kraft aus dem Material aus dem sie gefertigt sind – in
diesem Falle alte Pfeifen – und über ein Zeremionell: die Pfeifen waren im Gebrauch, bevor sie ihr magisches Leben antraten. Durch das Ritual des Rauchens wurde das Rohmaterial für magische
Dinge aus normalen Alltagsgegenständen transformiert. Die gebundene Energie spielt dabei eine tragende Rolle: Die Energie des Lebendigen – durch den Atem des Rauchers – und die des Feuers – als
reinigende Kraft.
„Kompositamulette“ enthalten mehrere Bestandteile um ihre Wirkung zu potenzieren. Früher waren dies mit magischen Formeln beschriebene Zettel, die mit Münzen oder Steinen kombiniert, meist in
Säckchen eingenäht, direkt am Körper getragen wurden. Bei den hier vorgestellte Amuletten ist die Materialwahl eine andere. Parfumzerstäuber, Wallfahrtsfigürchen, Tierfell und Puppenaugen
entfalten in ihrer Kombination eine rätselhafte Wirkung.
Ihr Aufgabenbereich richtet sich nach den Ängsten und Wünschen der Menschen. So sorgen sie zum Beispiel für einen klugen Umgang mit schwierigen Entscheidungen, für den Schutz der
Individualität oder dem Erkennen von Lüge und Wahrheit.
Franziskus-Amulett
Du wolltest nie die Gesänge der Fische hören? Die fremden Klänge, die mit dem Plankton
driften und sich auf ihrer Reise von Küste zu Küste zu vielstimmigen Chören vereinen?
Den Stakkato der Barracudas und die fragilen Melodien der Feenbarsche? Du wolltest
nie hören, wie die Klänge mit den Wellen an Land gespült werden? Zerrieben vom Sand,
zerschmettert an Felsen, endend in einem feinen Seufzer?
Ich kann diese Welt hörbar machen, kann sie einladen, die Küste zu verlassen und
das ganze Land zu überschwemmen. Für Einige wird diese akustische Welt nur ein
Praeludium bleiben, aber in offenen Ohren wird sich ihre ganze Schönheit entfalten.
Janus-Amulett
Siehst du die tiefziehenden Wolken? Zum bersten gefüllt, asphaltgrau?
Nur Zentimeter von ihrem Spiegelbild in trüben Pfützen entfernt. Siehst du den schrägfallenden Regen, der beim Aufkommen Blasen schlägt, sich in Rinnsalen sammelt und die Erde
erweicht?
Ich richte deinen Blick auf die blauen Himmelsstücke, die Wolkenränder – wie Coronen beleuchtet – die glitzernden Tropfen, die mehrfache Salti schlagen, bevor sie in tausend Funken
auseinander springen.
Ich zeige dir die Keimlinge in der Erde und du wirst sehen, dass meine Kraft darin liegt, den Betrachtungswinkel nur ein wenig zu verschieben und dadurch das Erleben neu auszuleuchten.
Mondbarken-Amulett
Bald kommt die Nacht, dunkel und schwer. Zeigt den Mond in Wolkenfetzen gehüllt
und das falsche Leuchten der Sterne. Jetzt kann ich meine Wirkung entfalten, kann für eine
tiefe Nachtruhe und rhythmisch gegliederten Schlaf sorgen. Ich kann herrenlose Träume
anlocken und auf Ihre Tauglichkeit prüfen, bevor ich sie gut portioniert, in die Welt
der Schläfer einschleuse. Schon einmal erlebte Träume von Nachbarskindern
oder Hunden, die durch Fensterritzen oder unter Türen hindurchquellen verwehre ich den Zutritt,
denn sie werden in fremden Köpfen aufsässig und gebieren den Alb, der die Träume verdirbt.